2020: es sollte ein ganz normales Jahr werden. Wir hatten mit mehreren Dörfern gemeinsame Projekte in verschiedenen Kulturbereichen: Hñähñu-Kurse für Ñähñus, die es in der Familie nicht mehr gelernt haben, Bearbeitung geschichtsträchtiger Dokumente, gemeinsame Restaurierung einer “bóveda” (kleine Hauskapelle), Veröffentlichungen… und ein Penca-Haus wollten wir auf dem Grundstück neben Hmunts’a Hēm’i bauen!
Und dann kam es, wie für alle, ganz anders. Im Februar haben wir die Situation mit Erstaunen und wachsender Sorge beobachtet, Mitte März haben wir dann die Bibliothek provisorisch geschlossen und haben angefangen, von zu Hause aus zu arbeiten. Nicht ganz einfach, denn nicht alle hatten eine gute Internetverbindung. Im April haben wir ein Zoom-Konto eröffnet, um eine erweiterte Leistung zu haben, gemerkt, dass wir eigentlich vor einer großen Gelegenheit standen, und richtig losgelegt!
Hmunts’a Hēm’i LIVE ist ein Beispiel. Wir laden jemanden ein, der eine Stunde lang und ohne Moderation seine/ihre Arbeit vorstellt: Schriftsteller, Akademiker… Das Thema muss immer im Zusammenhang mit dem Mezquital sein und wir bevorzugen Vortragende, die selbst Ñähñus sind.
Allgemein ist unser Facebook sehr aktiv. Unsere jungen Mitarbeiter haben ein sehr gutes Gefühl dafür, was unser Publikum interessieren –oder amüsieren– kann. Wir leiten weiter und übersetzen sehr oft auch auf Hñähñu. Unsere eigenen Posts jeglicher Art sind durchgehend zweisprachig.
Bei uns werden Filme gezeigt, die mit dem Mezquital zu tun haben und sonst nicht frei im Internet zugänglich sind. Manchmal wird ein umfassenderes Kulturprogramm daraus und die Regisseure kommentieren ihren Film.
Zum Welttag der indigenen Frauen haben wir einen sehr erfolgreichen Foto-Wettbewerb veranstaltet, dessen zwei Gewinnerfotos auf der Titelseite der Zeitschrift Cactus veröffentlicht wurden.
Cactus (monatlich 3000 Exemplare) ist schon seit 2009 unsere Verbündete. Ich veröffentliche dort jeden Monat eine kleine Buchrezension, über den Mezquital natürlich und in unserer Bibliothek zur Verfügung. Inzwischen sind es schon 137! Jeden Monat veröffentlichen wir einen Text auf Hñähñu und Spanisch. Gerade läuft auch im zweiten Jahr die 2. Kampagne “Ich spreche Hñähñu mit meinen Kindern”, in der wir auf verschiedenen Wegen das Ansehen der Sprache stärken möchten. Hinzu kommt seit Juli 2020 jeden Monat eine Infografik über Covid auf Hñähñu. Das Ganze läuft nun seit Juli verstärkt zweigleisig: gedruckt und im Facebook.
Gedenk- und Aktionstage mit Gesprächsrunden und Vorträgen haben wir zu mehreren Anlässen organisiert: Internationaler Tag der Frauen, der indigenen Völker… Bis im Oktober der jährliche Internationale Otopame-Kongress kam, hatten wir soviel Erfahrung, dass Hmunts’a Hēm’i die Übertragung der gesamten Woche übernommen hat.
Unsere Vernetzung mit anderen hat sich dieses Jahr virtuell gestaltet, und dadurch auch verstärkt. Unsere langjährige Arbeit für die Otopame-Seminare und Kongresse stellt die Akademische Seite unserer Tätigkeit dar. Seit 2019 sind wir Mitglied der Asociación Mexicana de Archivos y Bibliotecas Privados (AMABPAC) wo wir das kleinste Mitglied unter lauter großen Vereinen sind, aber als einzige für eine indigene Kultur tätig sind. Und seit 2020 gehören wir nun formell zur Internationalen Erd-Charta Initiative, deren ethische Grundsätze für eine nachhaltige Entwicklung von einer unserer Mitarbeiterinnen schon vor ein paar Jahren ins Hñähñu übersetzt wurden. Damit setzen wir einen Akzent im Bereich des Zusammenhangs der kulturellen und biologischen Vielfalt, der uns sehr wichtig ist. Unsere Freundschaft zu Ánimo gehört auch dazu: die gemeinsame Erfahrung der kulturellen Vielfalt im Mezquital, an der wir alle gewachsen sind und die wir fördern wollen, bildet nun schon seit vielen Jahren die Grundlage unserer Freundschaft und Zusammenarbeit. Die Summe dieser Vernetzungen ermöglicht Hmunts’a Hēm‘i eine größere Wirkungsbandbreite aber vor allem auch, für uns und unser Umfeld, viele Möglichkeiten des Austauschs und des Lernens.
Im Hmunts’a Hēm’i hatten wir schon immer viel mehr Ideen als Geld. Die virtuelle Welt mit ihren Möglichkeiten, die Tatsache, dass unser potenzielles Publikum zu Hause am Handy saß, hat uns erlaubt, sehr viele Inhalte zu veröffentlichen, Gesprächsrunden und Vortragsreihen zu veranstalten, mit neuen Partnern zu arbeiten und unser Publikum stets zu vergrößern. Wir haben inzwischen auf Facebook 8605 Follower, davon 335 neue im letzten Monat, 7887 Likes im letzten Monat… da ist was los!!
Wir haben leider keine Hñähñu-Kurse vor Ort geben können und nicht überall und nicht für alle ist virtueller Unterricht eine Alternative. Unsere Veröffentlichungen sind im Rückstand, die Kapelle wartet auf später, das Penca-Haus auch und einiges mehr… aber dafür ist so vieles andere geschehen!!
Inmitten der Katastrophe, die auch uns und unser Umfeld stark getroffen hat, war 2020 ein gutes Jahr für Hmunts’a Hēm’i. Wir haben viel gelernt, wir haben vor allem unsere Fähigkeiten ausgebaut, Inhalte mitgeteilt, gemeinsam mit anderen vieles gestaltet und dadurch sehr viel mehr Menschen erreicht als vorher. Wir nutzen diese neuen Möglichkeiten, um unseren Vereinsziel umzusetzen und die Hñähñu-Kultur zu unterstützen. Dadurch haben wir dieses Jahr viele neue Partner gefunden, und diese neuen Kommunikationsmittel werden auch bleiben, wenn wir alle wieder raus können und uns die Hand reichen.